Refreshing für Infinity Boxen
Refreshing am Beispiel der Kappa 9A
Es ist dem Einen oder Anderen sicher auch schon passiert, das gerade der hintere Hochtöner aus "unerfindlichen" Gründen einfach so sein Leben aushaucht. So ganz ohne Grund passiert das sicher nicht. Im Fall des hinteren Hochtöners ist es beinahe immer der gleiche Grund. In der Frequenzweiche der Kappa 9A (und auch in fast allen anderen Modellen und Marken) sind diverse Bauteile zur Unterteilung der Frequenzen verbaut. Diese können mit zunehmendem Alter ihre elektrischen Werte so verändern, das die ursprünglich berechnete Frequenz nun nicht mehr genau eingehalten wird. Die Werte speziell der Kondensatoren steigen in ihren Werten unkontrollierbar an.
Das hat zur Folge, das die daraus resultierende Frequenz deutlich nach unten fällt. Leider passen sich die Fähigkeiten des Hochtöners nicht dieser veränderten Situation an, mit dem Ergebnis, das diese eben aufgrund der nun vorliegenden Überlastung durchbrennen. Über diese Tatsache sind sich die meisten Besitzer einer Kappa 9A und auch anderer Modelle gar nicht im klaren und schieben den vermeintlichen Fehler auf den Verstärker. Dieser aber ist oft gar nicht der Schuldige.
Auf den Bildern lässt sich schon von außen eine Veränderung erkennen. Die originalen Polklemmen (Bild links) sind relativ brüchig. Erfahrungsgemäß brechen die durchbohrten Gewindestangen gerne ab. Ebenso gibt es Probleme mit durchdrehenden Kunststoffkappen. Ein solider Anschluss ist dann nicht mehr möglich, wenn man von der ohnehin schon frechen Begrenzung auf 1,5 mm² Kabelquerschnitt absieht. Alles Andere bedeutet Konfektionierung der Kabel, Aufwand und Kosten. Die originalen Polklemmen wurden gegen massive und hochwertige, vergoldete Typen (Bild rechts) getauscht und fassen nun 10mm² Kabel. Auf Konfektionierungsarbeiten kann durch diese Maßnahme verzichtet werden.
Bei der hier beschriebenen Kappa 9A war der rückwärtige Emit defekt. Beim Probehören vor dem Umbau ist das sofort negativ aufgefallen, weil die Räumlichkeit fehlte. So standen Stimmen nicht mittig, sondern diffus und undefiniert im Raum. So war es also keine Frage mehr. Eine Reparatur und Refreshingaktion musste her, die mit dieser Situation Schluss macht.
So wurden alle vom Alterungsprozess betroffenen Teile komplett gegen neue, dem heutigen Stand der Technik entsprechende, ausgetauscht. Damit war aber noch nicht Schluss. Wie oben schon angedeutet, wurden auch die Polklemmen und auch Teile der internen Verkabelung ausgetauscht.
Ein paar Worte zu der allgemein bekannten Aussage:
Kappa 9 (A) ein Verstärkerkiller? warum?
Nun, in der Kappa 9 (A) gibt es innerhalb der Weiche einen Schaltungsteil, der die Aufgabe hat, den bekannten, wuchtigen Bass zu produzieren. Damit diese Aufgabe auch wirkungsvoll funktionieren kann, hat man einen Schaltungskniff angewandt, der diese Aufgabe zwar tatsächlich erfüllt, jedoch hat man sich damit auch einen nicht unerheblichen Nachteil erkauft. Der Nachteil ist eine extreme Niederohmigkeit der Box, die durch den "Extended"-Schalter auch noch verschärft wird. So sind Impedanzen von bis zu 0,5 Ohm bei ungünstigsten Bedingungen (Frequenzen) durchaus möglich. Und genau diese niedrigen Impedanzen sind für die meisten Verstärker einfach zu viel Belastung und sie geben darauf hin die Löffel ab. In der "Normal" Stellung sind es aber immer noch ca. 1 Ohm, was ebenfalls für die meisten Verstärker eine Überforderung darstellt.
Durch diese Tatsachen hat sich gerade die Kappa 9 den Ruf "Verstärkerkiller" eingefangen. Nur Verstärker, die mit solchen Belastungen fertig werden, entschädigen durch einen angemessenen Klang.
Vor dem Eingriff
Im Rahmen der hier beschriebenen Refreshingaktion wurde auch der Teil in der Weiche geändert, der für das z.T. berüchtigte Endstufensterben verantwortlich war. Somit ist auch die "Extended" Stellung des rückwärtigen Schalters nicht mehr gültig. Genau diese hat ja so manchen Verstärker auf dem Gewissen. Dieser Schalter hat nun eine neue Funktion bekommen.
Er wird nun in der Stellung "Normal" einen etwas weicher einsetzenden
Bass erlauben und in der "Extended" Stellung einen etwas härteren
Einsatz der Bässe erlauben. Es ist aber auch fest zu halten, dass die Bässe
insgesamt nicht mehr so "überbetont" auftreten, wie bisher. Hörtests
haben jedoch ergeben, das auch in der "weichen" Einstellung noch mehr
als genug Bass zur Verfügung steht, der aber dennoch sehr tief nach unten
reicht. Die "Extended" Position geht den Bass etwas kräftiger an.
Nach dem Eingriff
ist in den Bildern schon deutlich zusehen, was alles verändert wurde. Die Bauteile sind nicht nur erneuert worden. Aufgrund der für die Qualität erforderlichen Produktionstechniken sind die neuen Teile oft auch sehr viel größer. So musste in einem Fall aus Platzgründen sogar ein Kondensator hochkant gestellt werden. Das ist aus mechanisch stabiler Sicht nicht unbedingt die beste Lösung, aber die Platzverhältnisse zwingen dazu. Dennoch ist auch dieser eine stehende Kondensator sehr stabil montiert worden. Er lagert, um Beschädigungen durch Erschütterungen am Gehäuse zu vermeiden auf einem großflächigen Moosgummiring. Zusätzlich wurde das Ganze noch mit Heißkleber rundum fixiert. Der untere Anschlussdraht taucht durch die Platine und ist dort stramm umgewinkelt und an der richtigen Stelle wieder nach oben zum vorgesehenen Anschlusspunkt geführt worden. Der riesige liegende Kondensator (hat beinahe die Größe eines Kölschglas) hat soviel Gewicht, das er zusätzlich mit Kabelbindern befestigt werden musste.
Bisherige Oberstufe
In
der bisherigen Oberstufe ist im Vergleich zur ehemaligen Basisstufe doch ein
größerer Sprung geschehen. Aus den ehemals kleinen radialen "Klötzchen" sind nun
voluminös erscheinende axiale "Brocken" geworden, die in der Größe bei einigen
Teilen schon an "Kölschgläser" erinnern. Die "Klötzchen" waren sicher keine
schlechten Teile, was die klanglichen Qualitäten (Basisstufe) angeht, aber sie waren ja auch
längst nicht so teuer, wie die Teile der Oberstufe. Sie hatten dennoch ihre
Daseinsberechtigung.
Der
eigentliche Grund für die Bauteile Änderung lag in der Form der selben. Bei den radialen
Teilen gab es nur sehr kurze Anschlussdrähte, die teilweise doch sehr Nachteilig
waren, was die Verarbeitung angeht. Für den Anschluss mussten die Drähte oft
noch verlängert werden. Bei den neuen und ab sofort nur noch
eingesetzten Teilen werden nun ausschließlich axiale Bauteile verwendet. Wie das
dann aussieht, ist hier in den neuen Bilden mit den axialen Teilen zu sehen. Sie
bieten den Vorteil einer deutlich besseren Verkabelung und damit einher gehend
auch Qualitätsgewinnen dank der langen Anschlussdrähte.
Einen Nachteil der axialen Teile will ich hier aber auch nicht verschweigen. Sie sind in den Abmessungen doch um einiges größer, was auf vielen Platinen der Frequenzweichen zu argen Platzproblemen führt. Aber durch geschickte Anordnung der Bauteile kann man auch solche Hürden meistern.
Aktuelle Oberstufe mit Ökoline
Mit
der Ökoline in der aktuellen Oberstufe habe ich einen neuen Bestückungsprozess
ins Leben gerufen. Bei dieser neuen Technik wird der Aufwand zur Vermeidung von
elektrischen Verlusten drastisch verbessert. So ganz nebenbei profitiert von
dieser neuen Technik auch der Klang in positiver weise. Die bisherigen
"Kölschgläser" sind damit auch nicht mehr erforderlich. Durch die neuen Bauteile
in Verbindung mit der neuen Anordnung der Bauteile habe ich mehr Platz gewonnen
und kann somit auch die größere Stückzahl der Bauteile problemlos unterbringen.
Die Bilder links und rechts zeigen die Ober- und Unterseite der Leiterplatte.
Hier sind auch erstmals bei einer Kappa 9 die neuen Bauteile von Mundorf im
Bassbereich zum Einsatz gekommen.
Im
gleichen Arbeitsschritt wurde nun auch erstmals eine sehr servicefreundliche
Montage der Bauteile auf der Leiterplatte ins Leben gerufen. Erstmals kann nun
auch ohne die Trennung jeglicher Leitungen oder Anschlüsse die Trägerplatte
aufgeklappt werden. Hier kann man auch alle von den Polklemmen gehenden
Leitungen zur Weiche sehen. Gleichzeitig wurden in diesem Fall auch die Regler
gegen feste Widerstandsarrays ersetzt. Dabei wurde aber auch Wert darauf gelegt,
dass von außen die Regler auch weiterhin sichtbar, auch wenn sie nun nichts mehr
bewirken. Näheres zu den Reglern
hier.
Im Rahmen der neuen
Teile hat es sich auch angeboten, die Verkabelung noch einmal unter die Lupe zu
nehmen. So sind die Drähte von den originalen Polklemmen doch eher dürftig bis
witzig dimensioniert. Die bisherige Verbindung ist mit einem Stück massivem
Draht (Bild links) einmal um die Polklemme (innen) gelegt und das andere Ende
bei zugeklappter Platine (auf den Rastern festgeklemmt) direkt auf der Platine
dick verlötet (Bild rechts). Der Querschnitt dürfte bei ca. 1 mm² liegen. Die
neuen Kabel sind nun 1. erheblich dicker (2 x 2,5 mm² = 5 mm²), 2. es
sind hoch qualitative OFC Kabel und 3. sie gehen direkt von der Polklemme an die
erste Bauteilgruppe ohne den Umweg über die Platine.
So hat sich auch das neue BCS heraus kristallisiert, was aber an anderer Stelle eine eigene Beschreibung hat.
Zum technischen Vergleich vorher
(links) / nachher (rechts) habe ich hier mal
ein Paar Schalldruckmessungen gemacht. Dabei kommt es innerhalb der Messungen
weniger auf die Linearität des Gesamtgebildes an, sondern eher auf den für das BCS relevanten Teil im unteren Bassbereich. Auch wenn hier im Bild links beide
Kanäle nicht gleich aussehen (das mag an den Aufstellungen oder der
Raumbestückung zum Zeitpunkt der Messung liegen), so kann man doch im rechten
Bild schon klar erkennen, dass sich etwas im Bassbereich "bewegt" hat. Dass dies
nicht nur eine rein technische Dokumentation ist, konnte auch im anschließenden
und langen Hörtest belegt werden. Es war faktisch deutlich mehr Volumen und
Druck feststellbar.
Hier noch mal ein Bild mit dem relevanten Bereich im Direktvergleich (vergrößerter Auszug aus beiden Bildern von oben).
Damit kann man abschließend sagen, dass zumindest die erste Stufe des BCS auch ohne die Beseitigung des Killers schon eine spürbare Bereicherung darstellt. So ganz nebenbei erhöht sich alleine durch diese Maßnahme auch die Lebensdauer der im Bassbereich vorhandenen Bauteile auf das (theoretisch) 4-8 fache - in Worten bis zu 80 Jahre. Das wird der Musikfreund selbst schon nicht mehr bis zu Ende erleben, aber vielleicht noch seine Enkel. Wenn das kein Anreiz ist......
Fazit Oberstufe
Bei der Oberstufe des Refreshings kamen Instrumente noch präziser heraus, als es schon bei der Basisstufe der Fall war. Die Höhen kamen stärker, aber nicht aggressiver. Eine Triangel wurde vorher beinahe nicht wahrgenommen und jetzt hing sie quasi deutlich "sichtbar" im Raum. Ihre Erscheinung stellte sich als angenehm seidig dar. Die Mitten schälten sich nun deutlich räumlicher heraus und der Polydom konnte hier seine bauartbedingten Vorteile ausspielen. Mit dem erstmaligen Einsatz des neuen BCS konnte nun auch der Bass ordentlich auftrumpfen. Er hat an Knackigkeit zugenommen, arbeitete nicht mehr so unkontrolliert oder wummerig. Der Bass kam nun trocken, sauber konturiert und sogar noch einen Tick tiefer als im Original. Im Schalldruck gab es im Bereich von 20-30 Hz ca. 3 dB mehr (siehe auch die Frequenzkurven weiter oben), was das gesamte Fundament noch einmal verstärkte ohne dabei zu dröhnen oder gar aufdringlich zu wirken.
Schlussendlich kann man sagen, das die Oberstufe beinahe das letzte aus den Kappas herausholt, ohne dabei übermäßig teuer zu werden. Diese Refreshingmaßnahme ist gemessen an den Ergebnissen absolut ihr Geld wert. Die Oberstufe ist mittlerweile auch die beliebteste Refreshingstufe, weil mit ihr das beste Ergebnis für's Geld erzielt werden kann. Man könnte auch sagen, die Oberstufe holt das Optimum zwischen Preis und Klanggewinn heraus.
Allgemein
Die Instrumente standen nun scheinbar wirklich im Hörraum und hatten erheblich mehr Körper, insbesondere Bongos und Geigen, vor allem aber punktgenau an einer definierten Stelle auf der virtuellen Bühne. Abschließend könnte man sagen, das aus der Kappa 9A wieder die Box geworden ist, die der Besitzer ehemals neu gekauft hat. Mehr noch. Man könnte sagen, das er nun eine noch bessere Box hat, als sie ursprünglich mal hergestellt wurde. Wenn es eine Kappa 10 gäbe, dann wäre das jetzt wohl eine. Es wäre schade, wenn solch ein Potenzial nicht wieder freigegeben würde. Diese Boxen haben es wirklich verdient, noch lange zu leben. Mit dieser Refreshingaktion hat der Besitzer sehr viel dafür getan.