Top Audio M-350 Mono-Leitsungsverstärker

Was macht man, wenn man darauf angesprochen wird, ob man nicht "mal eben" einen fetten Powerverstärker auf die Beine stellen könnte? Nun, wenn man keine speziellen Forderungen an die Optik, das Innenleben und auch sonst keine klaren Vorstellungen hat, nimmt man das, was man gerade so "rum fliegen" hat - quasi aus der Grabbelkiste zu Hause.

Und was hatte ich zu der Zeit so alles an verwertbaren Materialien da und was würde ich so alles benötigen? Das ist eigentlich ganz einfach und simpel aufgezählt.

1. Ein Gehäuse, in das alles reinpasst und das, wenn es geht auch einigermaßen gut aussieht und die technischen Forderungen erfüllt.
2. Ein passendes Netzteil mit Trafos, Gleichrichter und Elko's
3. Diverse Steuerelemente und Schutzschaltungen
4. Eine satte Endstufe nebst Kühlkörper und Platine
5. den üblichen Kleinkram wie Verdrahtung und Anschlussmöglichkeiten, ein paar Kontrolllämpchen

Damit kann man schon einen Verstärker aufbauen, wenn man das notwendige Wissen und die Werkzeuge hat. Aber mal der Reihe nach. Zuerst habe ich mir Gedanken über die in Frage kommenden Elemente gemacht. Welche Endstufe passt hier und was brauche ich dazu als geeignetes Netzteil. Wie stark soll das Ganze werden und wie gut sollte die Klangqualität sein. Naja, gut sind sie bei mir ja immer, sonst hätte ich mir schon die eine oder andere Beschwerde eingefangen.

Als Endstufe hatte ich aus einem früheren, aber inzwischen verworfenen Projekt zwei Mosfet-Endstufen, die vom Potenzial in jeder Hinsicht alles mitbrachten, was ich so brauchen konnte. Ausreichend Leistung, bekannt hervorragende Klangeigenschaften und von Vorteil für die damit bereits gesammelten guten Erfahrungen.

Er basiert auf der Vorlage des Crescendo 3. Damit hat er ebenfalls die gleichen schon an anderer Stelle beschriebenen guten Eigenschaften.

Links ist die eher schlichte Frontansicht des Bolidenpaares zu sehen. Und rechts das Ganze in der imposanten Rückansicht. Dort sind dann auch die adäquaten Anschlüsse zu sehen. Der audiotechnische Teil des M-350 ist insgesamt zwar mit dem Vorgänger Crescendo 3 vergleichbar, jedoch sind im Steuer- und Kontrollbereich einige Änderungen zum Einsatz gekommen. Auch im Netzteil ist eine große Veränderung vorgenommen worden, doch dazu später mehr. Der gesamte mechanische Aufbau ist schon wegen des relativ flachen 19"-Gehäuses von gerade mal 2 HE (88mm) komplett verändert worden, um die neuen und zusätzlichen Elemente mit aufnehmen zu können.

Der Leistungsteil arbeitet mit 4 Power-MOSFET's, von denen jeder einzelne eine Verlustleistung von 100 Watt verträgt. Alle eingesetzten Bauteile sind unter streng definierten Bedingungen ausgewählt, selektiert und verarbeitet worden. Der Treiberteil arbeitet mit Videoleistungstransistoren, die für eine extreme Schnelligkeit des Verstärkers verantwortlich sind. Der Ausgang der Endstufe ist mit einer DC-Schutzschaltung versehen, die bei Gleichspannungen von mehr als + oder - 1,2 V den Lautsprecher sofort von der Endstufe trennt um Schäden am Lautsprecher zu vermeiden. Diese DC-Schutzschaltung greift in keiner Weise in das Audiosignal ein!

Der Ausgang wird jetzt durch eine einfache aber doch sehr schnell reagierende Clippingkontrolle überwacht. Diese Schaltung zeigt eine Übersteuerung der Endstufe sofort über eine rote LED an. Die LED leuchtet bei Erreichen der 0 dB Marke auf. Dies ist dann auch schon der Anfangspunkt des Clipping's.

Clipping ist die Bezeichnung dafür, dass Verstärker bei zu großer Eingangsspannung und fester Verstärkung eine Ausgangsspannung abgeben sollen, die größer ist, als die eigene interne Betriebsspannung. Das Ergebnis dabei ist ein Clippen des Ausgangssignals. Dies ist gefährlich für Lautsprecher und die können dadurch zerstört werden. 

HINWEIS:
Diese Situation kommt übrigens bei JEDEM teuren oder billigen Verstärker vor, auch wenn einige Hersteller behaupten, dieses Problem mit "Softclipping" zu umgehen. Das aber stimmt so nicht! JEDER Endverstärker hat eine "endliche" Versorgungsspannung und diese stellt auch die Grenze der Aussteuerbarkeit dar! Da hilft dann auch kein Softclipping mehr, so schön das Wort auch klingt. Abgesehen davon, das dieser Eingriff in das Signal auch in jedem Fall eine Verfälschung des Originals mit sich bringt. Ich selbst halte von solchen Tricks gar nichts! Lieber etwas mehr Power und die Situation bleibt weiter weg, oder gar nicht erst so weit "aufdrehen".


Die Endstufe wird von einer so genannten primären Einschaltverzögerung "sanft" eingeschaltet, damit nicht bei jedem Einschalten die Haussicherung herausfliegt. Der Grund dafür liegt im Hauptnetzteil, das mit einem 720 Watt starken Ringkerntrafopaket (bestehend aus 4 Trafos) und den nachfolgenden hochkapazitiven Ladeelko's ausgestattet ist. Ein Ringkerntrafo zwar hat die nachteilige Eigenschaft einen sehr niedrigen Innenwiderstand zu besitzen und der sorgt für einen entsprechend hohen Einschaltstrom! Aber eben dieser niedrige Innenwiderstand bietet auch den Vorteil, dass im Inneren des Trafos die Verluste kleiner werden (was man gerne in Kauf nimmt, weil damit der Dämpfungsfaktor verbessert wird). Die Ladeelko's tun ein Übriges zum hohen Einschaltstrom.

Der Powerschalter schaltet seinerseits ein starkes Relais, was die eigentliche Last schaltet. Der Grund liegt in der mächtigen Batterie von Ladeelko's, die für den Schalter einen zu großen Einschaltstrom produzieren, so das die Schalterkontakte über kurz oder lang verbrennen würden. Mit dem Lastrelais ist das aber kein Thema mehr.

Eine aus früheren Projekten frei gewordene Elektronik sorgt hier für die digitale Einschaltverzögerung. Für die ersten drei Sekunden liegt das mächtige Ringkerntrafopaket nach einem in Reihe geschalteten Lastwiderstand nur an etwa der Hälfte der Netzspannung. Diese Maßnahme sorgt dafür, das sich die Einschalt-Stromspitze auf ein verträgliches Maß begrenzen lässt. Nach ca. 3 Sekunden wird das Ringkerntrafopakt dann auf die volle Spannung von 230 V~ gelegt. Jetzt werden die Elko's erst so richtig aufgeladen.

Eine Kontroll-Elektronik-Platine übernimmt zusammen mit der digitalen Steuerplatine die oben angesprochene DC-Kontrolle. Die selbe Platine sorgt auch dafür, dass nach 9 Sekunden die Ausgangsrelais für die Lautsprecher eingeschaltet werden. Dies wird durch eine LED an der Front signalisiert. Natürlich werden die Relais nur dann frei gegeben, wenn keinerlei Störungen oder Fehlersituationen wie etwa Gleichspannung etc. vorliegen. Die Lautsprecherrelais selbst sind aus zwei parallelen Relais mit je 2 x 8 A Belastungsfähigkeit zusammen geschaltet. Somit stehen hier insgesamt also 32 A Schaltleistung für die Lautsprecher zur Verfügung. Bei den Leistungen dieses Verstärkers durchaus eine sinnvolle Lösung. Auch diese 4-Kontaktlösung kommt dem Dämpfungsfaktor positiv entgegen, da hier der Querschnitt pro Kontakt auf das 4-fache erhöht wird.

Das Ganze geht natürlich nicht mehr ohne ein kleines, aber wichtiges Nebennetzteil, welches die Kontroll-Elektronik, die Anzeigen und auch das Lautsprecherausgangsrelais versorgt. Die Primärverzögerung und alle Schutzschaltungen werden von diesem Nebennetzteil versorgt.

Das Hauptnetzteil ist mit einem machtvollen Elkopaket, bestehend aus 2 x 70000 µF Kapazität ausgestattet. Nach dem Gleichrichter folgt das Elkopaket mit je 5 x 10000 µF und direkt neben der Endstufe weitere je 2 x 10000 µF pro Spannung. Damit die vielen Elko's auch eine festen Sitz haben, sind sie über stabile Blechrahmen mit der Bodenplatte verbunden. Die Elkos selbst sind dabei über Moosgummistreifen weich gelagert, damit sie keine mechanischen Beschädigungen erleiden.

Zusätzlich zu den ohnehin schon reichlichen Elko's habe ich noch mal je einen 1500µF Elko direkt auf der Endstufenplatine eingesetzt, die vor Ort für eine weitere Stabilisierung sorgen. Diese ganze Elkoparade hat in zweierlei Hinsicht Vorteile:

1. Der im Leerlauf bestehende Restbrumm, bedingt durch einen großen Ruhestrom wurde so stark reduziert, das er faktisch nicht mehr hörbar ist (auch nicht bei Boxen mit hohem Wirkungsgrad).

2. Als angenehmer Nebeneffekt wurde damit die Betriebsspannung von 78 V noch mal stabilisiert. Dadurch ist die Ausgangsleistung entsprechend hoch angesiedelt. Dies macht sich besonders an niederohmigen Lasten bemerkbar.

Der Verstärker arbeitet mit einem so hohen Ruhestrom, dass dadurch ein "Klasse A" Betrieb bis zu 10 Watt realisiert wurde. Die damit verbundene höhere Betriebstemperatur erfordert natürlich eine gute Wärmeabfuhr, die durch einen reichlich dimensionierten Kühlkörper realisiert wurde! 

Der Eingang ist in einer 18 Karat vergoldeten, von guter Qualität stammenden und isoliert montierten Cinchbuchse ausgeführt, während der Ausgang mit 18 Karat vergoldeten, isoliert montierten Polklemmen für bis zu 10mm² starke Kabel vorgesehen ist.

Dieser Monoendverstärker arbeitet mit einer absolut symmetrischen Schaltungstechnik. Der Vorteil dieser Schaltungstechnik ist der äußerst homogene und räumliche Klang, den der Verstärker hier an den Tag legt. Selbst bei hohen Leistungen kommt diese Endstufe nicht aus der Ruhe. Sie klingt auch dann noch nicht gepresst. Das ist sicher auch auf das vernünftig dimensionierte, wie oben beschriebene Netzteil zurückzuführen.

Wie in den Bildern auch gut zu sehen ist, habe ich für die Sourcewiderstände nicht die üblichen Zement-Lastwiderstände eingesetzt, sondern wie auch aus der bisher gemachten guten Erfahrung eine Batterie Kohlewiderstände. Es sind 5 x 1R/1W parallel geschaltet. 

Nun wird sich der Eine oder Andere Fachmann sagen: Kohlewiderstände haben aber doch eine eigene Induktivität und kommen damit Spulen nahe. Diese kommen aber dem Signal nicht gerade entgegen. Damit haben sie grundsätzlich recht.

Dem kann ich aber beruhigend entgegen treten. Erstens sind die Induktivitäten sehr klein und zweitens ist durch die Parallelschaltung der "Spuleneinzelwerte" die Gesamtinduktivität noch mal auf ein fünftel geschrumpft! Damit sind die Induktivitäten vernachlässigbar klein. Also ist das kein Problem. Die jenigen, die jetzt denken, da gibt es doch schon fertige induktionsarme Lastwiderstände, bekommen auch hier wiederum recht von mir, aber das Platinenlayout war darauf noch nicht ausgelegt! So habe ich eben diesen kleinen Kunstgriff angewendet, der einen sehr ähnlichen Effekt hat.

Die Verdrahtung der Stromversorgung der Endstufe ist mit 6mm² ausgeführt, was bei Betrachtung der Verluste auf den kurzen Wegen innerhalb der Endstufe absolut ausreicht. Zum Vergleich: In den Hausleitungen mit 230 V~ an den herkömmlichen Steckdosen liegt auch nur ein Querschnitt von 1,5 mm², und der reicht bekanntlich bis zu 3600 Watt oder 16 A in der Absicherung des Steckdosenkreises. Und hier werden oft weit längere Strecken ohne Probleme überwunden. Zugegeben, wenn hier mal ein paar Volt von 230 Volt fehlen ist das nicht so kritisch.

Dagegen ist die Leitung zwischen der Cinch-Eingangsbuchse und dem Verstärkereingang auf der Platine mit einem speziellen, aus dem Videobereich kommenden Signalkabel mit äußerst geringer Eigenkapazität ausgelegt. Dieses Kabel sorgt aufgrund seiner Eigenschaften für ein hervorragendes und aufgeräumtes Klangbild mit zusätzlicher Räumlichkeit. Das kann aber nur dann funktionieren, wenn der Rest der Audiokette auch entsprechend hohe Qualitäten mit bringt. Also nicht nur ein guter CD-Player und Vorverstärker, sondern auch die jeweiligen Cinchkabel sollten von erlesener Qualität sein. Nur wenn die gesamte Kette vor der Endstufe gut ist, kann diese Endstufe auch ihre wahren Qualitäten beweisen. Da ich bei meiner eigenen Anlage selbst längst mit bestem Material ausgestattet bin, weiß ich, wovon ich rede und habe entsprechende Vergleichsmöglichkeiten.

Die Lautsprecherleitung zwischen Platine und Ausgangspolklemmen ist wiederum mit 6mm² verlegt, auch wenn hier der Weg kurz ist. Hier kam es mir wiederum auf die Unterstützung des Skineffektes, aber auch auf eine möglichst verlustfreie Signalübertragung an.

An dieser Stelle möchte ich auch noch ein paar Worte zum Gehäuse sagen. Es ist nicht unbedingt wichtig, welche Gehäuseform oder Art eingesetzt wird. Entscheidend ist nur, das es gut und ausreichend gegen elektromagnetische Störfelder von außen abschirmt. Gegen Schwingungen von außen habe ich das gesamte Gehäuse nun auf Gummifüßen gelagert. Da das Gehäuse selbst aus einer Fremdanwendung heraus gezogen wurde, war dessen ursprüngliche Optik nicht gerade ansprechend, so dass ich dem etwas auf die Sprünge geholfen habe. Wie das am Ende aussieht, kann ja jeder selbst sehen. Eine Besonderheit habe ich mit diesen Gehäusen gratis bekommen: die Griffe. Und deren nachträgliche Bearbeitung brachte dann das ansehnliche Ergebnis (Bild links).


Im Brückenbetrieb mit zwei identischen Endstufen wurde das Verstärkerpaar nicht gemessen. Wenn dies aber dennoch gemacht würde, dürfte mindestens mit einer gewaltigen Ausgangsleistung von 1000 W Sinus an 8 Ohm (statische Last) zu rechnen sein. Der 4-Ohm-Betrieb ist damit allerdings nicht mehr zu empfehlen.

Die Endstufe arbeitet in Klasse A mit einer Ausgangsleistung bis 10 W Sinus an 8 Ohm (statische Last), über 10 Watt wechselt die Betriebsart nach Klasse A-B / B. In den ersten Hörtests hat sich wieder mal gezeigt, wie gut doch ein durchdachtes Konzept selbst aus zusammen getragenen Rest-Materialien klingen kann. Das Bassfundament ist mit einer gewaltigen Wucht gesegnet, während sich die so extrem wichtigen Mittellagen oder die Stimmlage sehr neutral verhält. Die Stimmlagen sind in keiner Weise aufdringlich oder zurückhaltend, eben so, wie man es von so einem Kaliber erwarten kann.

In den oberen Frequenzbereichen wird alles sehr fein, schnell und präzise dargestellt. Die Endstufe spielt alles mit einer Leichtigkeit, dass es schon richtig süchtig macht, sie zu genießen. Entsprechendes Tonmaterial ist zum Testen Vorraussetzung.

Fazit der "Bastelaktion" (das klingt eigentlich schon herablassend - ist es aber keineswegs) ist eine sehr gelungene Endstufenpaarung mit schier unglaublicher, nicht enden wollender Leistungsreserve gepaart mit sauber und räumlich dargestellten Instrumenten, die sich auch vor großen Markennamen überhaupt nicht verstecken muss. Die Bauzeit war allerdings auch für meine Verhältnisse wegen immer wieder kehrendem Zeitmangel sehr lang. Dafür möchte ich mich noch mal beim Auftraggeber entschuldigen. Für mich kommt am Schluss nur heraus, dass ich auch in Zukunft noch weitere solcher Projekte machen werde, obwohl ich mich eigentlich davon zurück ziehen wollte.

Technische Daten

Betriebsspannung +/- 78V  
garantierte Ausgangsleistung an 8 Ohm 350 W Sinus (statische Last) tatsächlich wurde 400W gemessen
garantierte Ausgangsleistung an 4 Ohm 550 W Sinus (statische Last) tatsächlich wurde 630W gemessen
Leistungsbandbreite 4 Hz - 250 kHz  
Frequenzbereich 4 Hz - 160 kHz  
Anstiegsgeschwindigkeit 160 V/µs  
Verzerrungen > 0,0015 % bei 20 Hz - 20 kHz  
Dämpfungsfaktor < 1000 bei 500 Hz  
Abmessungen BxHxT 480x100x500 mm  
Gewicht netto 19 kg  

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